50 Jahre Kinderschutzbund Ortsverband Remscheid – ein RGA Artikel zum Start der Artikelserie
Was 1972 galt, gilt auch 50 Jahre später noch: „Remscheider Kinder sollen besser geschützt werden“ titelte die „Remscheider Stadtchronik“ am 9. September 1972.
Remscheid. Denn kurz zuvor war der Ortsverband Remscheid des Kinderschutzbundes gegründet worden. Und dieser Grundsatz gilt im Jubiläumsjahr 2022 natürlich immer noch. In den vergangenen fünf Jahrzehnten hat sich einiges beim Kinderschutzbund verändert – manches ist aber auch heute noch ganz aktuell. Eine kleine Zeitreise durch eine bewegte Geschichte.
1972: Im Radio hörte Uta Kleiner eine Sendung über das Kindersorgentelefon des Ortsverbandes Köln des Kinderschutzbundes. „So was brauchen wir hier auch, das fehlt uns in Remscheid“, fand die studierte Kunstmalerin, die Schülerin bei Professor Oberhoff war. Also trat sie in den Ortsverband Köln ein – kurze Zeit später wurde in Remscheid ein „Stützpunkt“ gegründet. Das reichte Uta Kleiner aber nicht. „Kinder brauchen Schutz vor einer feindlichen Umwelt“, fand sie. Gemeinsam mit Pfarrer Helmut Spengler, Renate Matera, Christa Quer, Stefan Günther und weiteren Mitstreitern gründete sie schließlich den Ortsverband Remscheid: Man schrieb den 4. Juni 1972. Die Gründer fanden sich alle im Bekannten- und Freundeskreis. Helmut Spengler kannte Uta Kleiner aus der evangelischen Kirche. Spengler hatte im „Tempel“ im Südbezirk einen Jugendtreff, zu dem täglich bis zu 180 Jugendliche strömten. Hierüber konnte man die jungen Remscheider erreichen. Es gab sonst kaum Angebote für Kinder und Jugendliche. Zudem zu wenig Hilfseinrichtungen, zu wenig Kitaplätze, auf den Rasenflächen dominierten die „Betreten-und-Spielen-verboten“-Schilder. Das Drogenproblem unter den Jugendlichen nahm zu, und die Körperstrafe war noch stark verbreitet. Die Aktiven des Kinderschutzbundes wollten sich um diese Remscheider Kinder und Jugendlichen vollumfänglich kümmern. Der erste „Jugendnotruf“, den Kleiner und Matera initiierten, lief übrigens noch über die privaten Telefonnummern. „Es riefen aber zunächst mehr Eltern als Kinder an. Daran sieht man, wie groß die Not war“, erzählt der heutige Vorsitzende Karl-Richard Ponsar. Also trafen sich die Ehrenamtler des Kinderschutzbundes mit den Eltern zur Einzelfallhilfe und zogen Experten wie Richter, Polizisten, Ärzte hinzu. Die Einzelfallhilfe gibt es übrigens auch heute noch.
1973: Der Bedarf war groß, und die Gruppe rund um Helmut Spengler und Uta Kleiner hatte sich viel vorgenommen. Neben einer Babysittervermittlung bot der Ortsverein Hausaufgabenhilfe, Informationsveranstaltungen und Spielangebote für Kinder an. Uta Kleiner und Helmut Spengler beteiligten sich zudem an einer 3000 Mann starken Demo in der Emil-Nohl-Straße, der „Todesstraße Remscheids“. Weil hier zahlreiche Kinder bei Unfällen im Straßenverkehr getötet wurden, forderte man Tempo 30 – und erreichte dies auch. Noch heute gilt dort Tempo 30. Der neuen Siedlung Hasenberg mit vielen zugezogenen Familien wollte man zudem Rechnung tragen – und einen Hort im DKSB-Haus an der Albert-Schweitzer-Straße eröffnen.
Es riefen zunächst mehr Eltern als Kinder an.
Karl-Richard Ponsar über die Anfänge des „Jugendnotrufs“
1974: Die Bemühungen um eine Kita in Lennep scheiterten, vermutlich aus finanziellen Gründen. „Man hatte sich etwas übernommen, aber das war die Euphorie damals“, erklärt Ponsar. Viele Mitglieder der ersten Stunde waren jedoch nicht mehr dabei. Damals wie heute gilt: Das Ehrenamt lebt von Menschen, die mit anpacken. „Man darf Ehrenamtler nicht überfordern“, weiß Ponsar. Dennoch stemmte man in diesem Jahr noch mal alleine einen Weltkindertag, bei dem auch der Automobilclub Remscheid auf dem Rathausplatz dabei war. Als das Friedensdorf Oberhausen kriegsverletzte Kinder aus Vietnam nach Remscheid holte, kümmerte man sich um diese Kinder, machte Ausflüge mit ihnen. Sie wurden auch hier im Krankenhaus behandelt.
1976: Gemeinsam mit dem CVJM erhielt der Kinderschutzbund Remscheid sein erstes Ladenlokal. Ungefähr dort, wo sich heute die Einfahrt neben dem Café Sahnetörtchen an der Scharffstraße befindet. Hier sammelte man Kinderkleidung, um sie preisgünstig abzugeben – der erste Kleiderladen wurde geboren. Meist standen hier selbst Mütter im Laden. Sie boten auch eine Kinderbetreuung an, während die Mamas in der Stadt einkauften. Ehrenamtlerinnen kümmerten sich fortan um den Laden – erst nur freitagnachmittags, dann kam der Dienstagvormittag dazu. Karl-Richard Ponsar suchte Ehrenamtler, damit die Läden ihre Öffnungszeiten erweitern konnten. „Das hat ein paar Jahre gebraucht“, erzählt er. Aber es klappte.
1979: Von der Uno wurde „Das Jahr des Kindes“ ausgerufen. „Also organisierte ich gemeinsam mit der Akademie Remscheid ein einwöchiges Fest auf der Alleestraße“, erzählt Ponsar, der 1977 eingetreten war. 1976 war der Berufsschullehrer aus Köln nach Remscheid gekommen. 1980 wurde er Vorsitzender. Heute kann er – mit Unterbrechung – auf 30 Jahre Vorstandsarbeit zurückblicken.
2000: Die neue Adresse der Geschäftsstelle hieß ab sofort Elberfelder Straße 41. Zuvor war man an der Alten Rathausstraße, davor an der Peterstraße. Also immer im Zentrum.
2006: Der Kleiderladen am Rosenhügel kam dazu. 1986 hatte man bereits den in Lennep eröffnen können.
Heute: 50 Jahre nach der Gründung hat der Ortsverband Remscheid zehn hauptamtliche Mitarbeiter, mehrere Honorarkräfte und 80 Ehrenamtler. Der Verein hat um die 140 Mitglieder. Neben der Geschäftsstelle an der Elberfelder Straße gibt es drei Kleiderläden in der Innenstadt, in Lennep und im Südbezirk. Der Ortsverband unterhält auch einen Offenen Ganztag an der Heinrich-Neumann-Schule. Neben der Familienberatungsstelle bietet der Kinderschutzbund das Müttercafé Mama mia in Verbindung mit den „Frühen Hilfen“ an, berät bei Trennung und Scheidung und unterhält immer noch das Kinder- und Jugendtelefon, die „Nummer gegen Kummer“.
10. Juni 2022: Der Ortsverband feiert mit seinen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, Mitgliedern, Ehrenamtlern und geladenen Gästen das 50-jährige Bestehen im Neuen Lindenhof. Eingeladen sind auch alle Gründungsmitglieder, unter anderem auch Uta Kleiner, die heute Mattern heißt, und Renate Matera.
Text-Quelle: Mellisa Wienzek, Orginalartikel erschienen im Remscheider Generalanzeiger am 19.04.2022 – Link zu Artikel
Foto-Quelle: alle Kinderschutzbund Remscheid
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